Baum des Jahres

Baum des Jahres

Die Zitterpappel (Populus tremula)

Baum lichter Wälder und offener Landschaften, aber auch zukunftsfähiger Baum in den Städten

Text: Stefan Meier und Lil Wendeler

Die Zitterpappel gehört zu den auffälligsten heimischen Laubbäumen: Schon ein leichter Wind bringt ihre Blätter zum Flirren und verleiht ihr ein fast lebendiges, tanzendes Aussehen. Doch nicht nur ihre Erscheinung macht sie besonders – sie ist auch für viele Tiere und Pflanzen von großer Bedeutung. Als Pionierbaum besiedelt sie schnell offene Flächen, regeneriert geschädigte Wälder und bietet zahlreichen Arten einen Lebensraum. Mehr als 60 Schmetterlingsarten nutzen ihre Blätter als Futterquelle, Spechte zimmern Höhlen in das weiche Holz, und viele Singvögel finden hier Nahrung.

Die Zitterpappel ist in fast ganz Europa, weiten Teilen Asiens und sogar im nördlichen Afrika heimisch. Sie wächst auf frischen bis mäßig trockenen, nährstoffreichen Böden und kommt vom Tiefland bis in Höhen von 2.000 Metern vor. Besonders häufig begegnet man ihr an Waldrändern, auf Kahlschlägen, in lichten Wäldern oder als Solitär in offenen Landschaften. Dank ihrer Fähigkeit, sich über Wurzelausläufer zu vermehren, kann sie nach Störungen wie Sturm oder Feuer rasch neue Bestände bilden.

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Solitär stehende Zitterpappel im Botanischen Garten Hamburg (Bildautor: R. Fenner)

Mit einer Höhe von 15 bis 25 Metern – in Ausnahmefällen sogar bis 35 Meter – ist die Zitterpappel ein mittelgroßer, rasch wachsender Baum. Ihre lockere, rundliche Krone und der schlanke Stamm verleihen ihr eine elegante Erscheinung. Junge Bäume tragen eine glatte, graugrüne Rinde, die im Alter dunkler wird und längsrissig aufbricht. Besonders charakteristisch sind ihre rundlichen bis herzförmigen Blätter mit seitlich abgeflachtem Stiel: Sie reagieren selbst auf die kleinste Brise und beginnen zu „zittern“. Im Frühjahr, noch vor dem Blattaustrieb, erscheinen die Blüten – männliche purpurfarbene und weibliche grünliche Kätzchen. Aus ihnen entwickeln sich kleine Kapselfrüchte, deren watteartige Samen der Wind weit verbreitet.

Säulen-Zitterpappel (Populus tremula 'Erecta')
Rinde der Zitterpappel (Bildautor: H.-R. Müller)
Zitterpappel (Populus tremula)
Blätter der Zitterpappel (Bildautor: H.-R. Müller)
(Populus tremula)
Kätzchen der Zitterpappel mit watteartigen Samen (Bildautor: H.-R. Müller)

Unter der Erde ist die Zitterpappel nicht weniger beeindruckend: Ihr weit verzweigtes Wurzelsystem bringt immer wieder neue Triebe hervor, sodass ganze Haine genetisch identischer Bäume entstehen. Ein berühmtes Beispiel ist „Pando“ in Utah (USA), ein gewaltiger Klon der Amerikanischen Zitterpappel (Populus tremuloides), der als größter lebender Organismus der Welt gilt.

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Klone der Amerikanischen Zitterpappel – Pando – größter lebender Organismus der Welt (Bildautor: J. Zapell)

Auch für den Menschen war und ist die Zitterpappel von Bedeutung. Ihr Holz ist hell, leicht und gut zu bearbeiten – ideal für Zündhölzer, Sperrholz, leichte Möbel oder die Papierproduktion. In früheren Zeiten nutzte man junge Blätter als Zutat für Salate oder fermentierte sie als Vitamin-C-reichen Ersatz für Sauerkraut. Die Rinde enthält Salicylate, die traditionell gegen Fieber, Schmerzen und rheumatische Beschwerden verwendet wurden.

In der Forstwirtschaft spielt die Espe eine wichtige Rolle, weil sie als Pionierbaum karge Flächen schnell begrünt, den Boden verbessert und die Biodiversität fördert. Ihr schlanker Wuchs und die leuchtend gelbe Herbstfärbung machen sie außerdem zu einem beliebten Zier- und Alleebaum. In offenen Agrarlandschaften wird sie gerne gepflanzt, um Winderosion zu verringern.

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Zitterpappeln am Waldrand (Bildautor: A. Gomolka)
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Zitterpappel als Alleebaum (Bildautor: A. Gomolka)

Mit der Wahl der Zitterpappel zum Baum des Jahres 2026 steht eine Baumart im Mittelpunkt, die auf vielfältige Weise unser Ökosystem bereichert. Ihr lebendiges Spiel im Wind erinnert uns daran, dass Bäume mehr sind als bloße Landschaftselemente – sie sind ein wichtiger Teil der Natur, den es zu bewahren gilt.